Den Sternen so nah und Gott nicht fern

Zur Feier unserer Neuerscheinung des großformatigen Weltraumkalenders „Du bist nicht fern“ 2022 (erschienen im Bolanz Verlag), freuen wir uns auf ein exklusives Interview mit unserem Weltraum-Experten Dr. Norbert Pailer!

Herr Pailer ist Astrophysiker und trug getreu seiner Aussage „den Menschen ‚Unsichtbares‘ zugänglich zu machen, ist meine Mission“ maßgeblich zur Gestaltung des neuen Kalenders bei.
Nach einem absolvierten Kernphysikstudium promovierte er in Astrophysik an der Universität Heidelberg und kooperierte im Rahmen mehrerer internationaler Weltraumforschungen auch mit der NASA, ESA und dem DLR. Später arbeitete er an verantwortlicher Stelle für die satellitenbasierte Weltraumfahrt bei Airbus und ist Referent für die Nahtstelle „Naturwissenschaft und christlicher Glaube“.
Dr. Norbert Pailer lebt mit seiner Frau am Bodensee und verfolgt als Hobby das Geschehen am Himmel mit seiner selbst gebauten Sternwarte.

 

Interview mit Dr. Norbert Pailer

 

B. Bolanz:

Lieber Herr Pailer,

das Wichtigste zuerst: herzlichen Dank für Ihre Mitarbeit und Ihr geteiltes Wissen, durch die unser neuer Weltraumkalender „Du bist nicht fern“ überhaupt erst zustande kommen konnte!
Heute freuen wir uns mit Ihnen über den farbprächtigen Kalender, den Sie freundlicherweise mit Begleittexten versehen haben.  

Verraten Sie uns, was Sie als junger Mensch motiviert hat in die Astrophysik einzusteigen?

 

Dr. N. Pailer:

Sterne haben mich schon als Kind begeistert. Mit meinem ersten, sauer verdienten Taschengeld (Kinderarbeit war damals noch nicht das große Thema), habe ich mir ein kleines Teleskop vom großen Massenangebot gekauft, mit dem ich leider nicht sehr viel mehr sah, was mich allerdings nicht entmutigte.

Der eigentliche Impuls, mich beruflich mit Astrophysik zu beschäftigen, wurde ausgerechnet von dem Ehemann einer Lehrer-Krankheitsvertreterin aus der Volksschulzeit gegeben. Sie erinnerte sich just zu dem Zeitpunkt an mich, als ich gerade das Abitur in der Tasche hatte. Und das war gar nicht so schlecht, sodass ich bzgl. Studienrichtung wählerisch sein durfte.
Es kam zu einer Einladung. Ihr Mann erzählte damals begeistert von seinen Mondprobenuntersuchungen an der Universität Karlsruhe. Das gab für mich den letzten Trigger für die Entscheidung meiner Studienauswahl. Zuvor wusste ich nicht so richtig, dass man mit „Sternegucken“ auch eine Familie ernähren kann …

 

Als Astrophysiker sind Sie, beruflich gesehen, sehr erfolgreich ins Weltall gestartet. Welche Momente oder Erlebnisse waren für Sie dabei von herausragender Bedeutung?

 

Es war z. B. der Moment, in dem ich erstmals auf meiner mit weißen Handschuhen geschützten Hand selbst echtes Mondmaterial halten konnte. Wenn ich schon nicht wie die Mondfahrer den Mondstaub mit Füßen treten konnte, so hielt ich zumindest einige Staubkörnchen von unserem Erdtrabanten in meinen Händen. Mehr Nähe zum Mond ging nicht; nur der dünne Handschuh war noch dazwischen.

Außerdem fiel meine aktive Lebensarbeitsphase in die Zeit, als man erstmals den Planetenraum mit Satelliten erkundete. Es war Aufregung ohne Ende, teilweise live mitzuerleben, wie sich bei ersten Planetenbegegnungen (Encounters) Details von Oberflächen zeigten, die vorher nur als verschwommene Konturen zu sehen waren.

Bereits auf dem 5. Space-Shuttle-Flug hatte ich die Gelegenheit mit einem Experiment dabei zu sein. Der direkte Kontakt mit dieser außergewöhnlichen Flugmaschine beeindruckte mich so sehr, dass ich entschloss, mich für die Astronautenausbildung zu melden (Leider haben dann schnell die beiden größten Katastrophen der Raumfahrt mit der Explosion der „Challenger“ und der „Columbia“ diesen Zugang verbaut. Denn als die Ausbildung wieder aufgenommen wurde, war ich zu alt …).

Eine andere Begebenheit war im April 1984, als unser Weltraumexperiment zur Untersuchung von kosmischem Staub im erdnahen Weltraum an Bord von „Challenger“ erfolgreich gestartet und freigesetzt wurde.

 

Ein Bild vom Space Shuttle auf dem Weg zum Launch PadBild (c) NASA
Das Space Shuttle auf dem Weg zum Launch Pad

 

Ein Bild im Weltraum mit Blick auf die Erde - dabei wird der LDEF-Satellit (Long Euration Exposure Facility) ausgeladenBild (c) NASA
Im Weltraum angekommen, wird der LDEF-Satellit (Long Euration Exposure Facility) ausgeladen

 

Im Januar 1990 wurde das Instrument nach fast sechs Jahren im Weltraum an Bord von „Columbia“ geborgen und die eingefangenen Teilchen zur Untersuchung an unterschiedliche Labore der Welt verteilt. Und wie schon angedeutet, wurden beide Space Shuttles durch eine Explosion zerstört …

Ende der 70er Jahre war ich als junger Postdoc am Max-Planck-Institut in Heidelberg mit der Aufgabe der Entwicklung eines Instruments betraut, die Chemie und die Isotopie von Kometenstaubteilchen im Weltraum zu vermessen. In der Zwischenzeit wechselte ich zu Airbus und hatte dort eine größere Nähe zum Satelliten, der das Instrument tragen sollte, genannt Rosetta. Nach einer wechselvollen Geschichte war es eine Sensation, als 2014 Rosetta am Ort des Kometen Churyumov-Gerasimenko endlich ankam und das Landegerät Philae, das bisher als „Trittbrettfahrer“ mitgeschleppt wurde, erstmals auf einem Kometenkern zur Landung ansetzte. Es war insgesamt eine lange Entwicklungs- und Flugzeit. Gleichzeitig war es meine letzte „Amtshandlung“ vor dem Abschied in meine „Nachspielzeit“, im Bodenkontrollzentrum der ESA die Landung von Philae mitzuerleben. Das war der schönste Ausstieg aus einem Astrophysiker-Berufsleben! Die erste Landung auf einem Kometenkern hatte durchaus das Format von jener ersten Mondlandung.

 

Ein Bild der Raumsonde Rosetta, darunter das kühlschrankgroße Landegerät Philae und der Kern des Kometen Churyumov-Gerasimenko Bild (c) NASA
Künstlerische Darstellung des Raumsonde Rosetta, darunter das kühlschrankgroße Landegerät Philae und der von der Osiris-Kamera fotografierte Kern des Kometen Churyumov-Gerasimenko

 

Sie sind anerkannter Naturwissenschaftler und sehen sich zugleich als ein bibelgläubiger Christ. Ein Widerspruch in sich?

 

Ich habe das als ideale Ergänzung erlebt. Denn wenn die Bibel Gottes „Handschrift“ trägt, der Kosmos als seine Schöpfung gilt und es nur eine absolute Wahrheit gibt, dann können sich gesicherte Fakten beider Quellen nicht widersprechen. Deshalb ist meine Überzeugung, dass der Ursprung der Welt nicht zuverlässig aus menschlichem Denken ableitbar ist. Andere mögen der Überzeugung sein, dass dies nur eine Frage des genauen Hinschauens und der Zeit ist.

Die Frage nach Gott wird Naturwissenschaftlern öfter gestellt als z. B. Fußballern, als ob die näher dran wären und mehr wissen sollten. Wissenschaft versucht die Welt zu erklären, ausschließlich aufgrund der Naturgesetze; das ist ihr methodischer Atheismus. Der Glaube geht über die Welt hinaus. Es sind zwei völlig unterschiedliche Ebenen. Das heißt nicht, dass es nicht eine gegenseitige Befruchtung geben kann. Das sind dann aber sehr individuelle Dinge.

 

Der Russe Juri Gagarin hatte als erster Mensch in 180 Minuten die Erde umrundet. Die Aussage, er sei dort im All Gott nicht begegnet, wurde ihm von der atheistischen Propaganda untergeschoben. Der Journalist Anton Pervushin hält in seinem Buch über Juri Gagarin fest: „Wenn man sich an Gagarin erinnert, sollte man an völlig andere Worte denken. Ich erinnere mich, dass er sagte: 'Ein Astronaut kann nicht ins All fliegen und Gott nicht in seinem Kopf und in seinem Herzen haben!'“ Wenn Sie Weltraummissionen geleitet oder begleitet haben, sind Sie dabei Gott begegnet?

 

Wenn Staunen über die Schöpfung ein Indiz für Gottes Wirken und Nähe ist, dann war ich näher dran als viele meiner Zeitgenossen.

 

Schon bald wird ein neues Weltraumteleskop völlig neue Bilder und Erkenntnisse aus bisher unerreichten Weiten des Alls zu uns senden. Dürfen wir dabei wieder auf Ihre Mitarbeit hoffen?

 

Das neue James-Webb - Weltraumteleskop wird uns den Kosmos in einem etwas längeren Wellenbereich als das Hubble - Weltraumteleskop zeigen. Es ist kein Ersatz, sondern ein Nachfolger von Hubble. Man wird wegen der Beobachtung im Infrarot-Bereich tiefer in den Weltraum blicken können. Da auch die Entfernung beider Teleskope zur Erde sehr unterschiedlich ist, hoffen wir, dass bei dem neuen Teleskop nicht die Startschwierigkeiten auftreten wie beim Hubble - Teleskop. Alles andere wäre nämlich sein schnelles Ende.

Wir alle sind gespannt wie ein Flitzebogen, was mit den Augen des James-Webb - Teleskops zu sehen sein wird. Allerdings müssen sich die am Projekt Beteiligten beeilen, rechtzeitig neue Bilder für den nächsten Kalender auf den Tisch zu bringen. Gerne würde ich darüber wieder berichten.

Insgesamt war es für mich eine aufregende - um nicht zu sagen eine unwiederbringliche - Zeit. So viele „Firsts" und so viele abenteuerliche Wissenschaftsmissionen wird es voraussichtlich schon allein wegen zunehmender Geldknappheit so schnell nicht mehr geben. Dabei mag ich kein Senkrechtstarter mit Kondensstreifen gewesen sein, aber ich bin schlicht dankbar, dass ich diese außerordentlich spannende Zeit in Gottes Werkstatt erleben und teilweise mitgestalten durfte. Ich freue mich, Teil dieses größten Abenteuers menschlichen Geistes gewesen zu sein.


Lieber Herr Pailer, vielen Dank für das Gespräch.

 

 

Wer mehr wissen will, kann sich in Dr. Norbert Pailers Büchern Das Schweigen der Sterne und Licht.Welten (erhältlich bei uns im Online-Shop) oder auf seiner Homepage www.amazingspace.de weiter in die Tiefen des Alls begeben.

Neugierig geworden auf interessante Informationen über das Weltall für das ganze Jahr? Oder Lust bekommen auf atemberaubende Weltraumbilder an Deiner Wohnzimmerwand? Dann findest Du hier unseren neuen Weltraumkalender mit kompakt-informativen Begleittexten von Dr. Norbert Pailer auf den Monatsrückseiten für fantastische Sternstunden in Deiner Wohnung:

Unser neuer Super Wandkalender - der Weltraumkalender "Du bist nicht fern" 2022!

 

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